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Scrabbinale 2013

Scrabbinale 2013

erstellt am von  in  wort-suchen unterwegs 

Wo 48 erwachsene Menschen mit Steinen spielen, Bänkchen mit Zelten bedeckt werden und Russisch Brot gegessen wird, da findet gerade ein Scrabble-Turnier statt. So war es auch auf der Berliner Scrabbinale, die ich in diesem Jahr für wort-suchen.de besucht habe.

Angst vor Scrabble

Scrabblespieler gibt es sehr viele, Turnierspieler dagegen scheinen eine eher kleine Gruppe zu sein. Viele von ihnen treten bei mehreren Turnieren an und so fanden sich auch auf der Teilnehmerliste der Scrabbinale einige der besten Spieler Deutschlands. Vielleicht hätte ich aber genau das vorher nicht wissen sollen. So beschäftigten mich vor der Abfahrt gleich zwei Fragen:

1. Wie schaffe ich es, in einem Raum voll hoch konzentrierter Scrabbler still zu sein? "Handy lautlos stellen" stand bestimmt dreimal auf meiner Vorbereitungsliste.

2. Wie rede ich mich heraus, wenn mich jemand zum Scrabblen auffordert?

Beide Bedenken lösen sich sehr schnell in Luft auf, als ich am Nachmittag des 19. April das Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Berlin betrete. Es liegt ein Wochenende auf der Scrabbinale vor mir. Dank der Interviews und Bilder von der letzten Scrabbinale "kenne" ich schon den ein oder anderen Teilnehmer, was mir Einstieg und Orientierung erleichtert. Doch das scheint gar nicht notwendig, denn als neues Gesicht falle ich gleich auf, werde ganz offen aufgenommen und in die Gespräche integriert.

Nach und nach trudeln die Teilnehmer aus allen Himmelsrichtungen ein. Die meisten nehmen nicht zum ersten Mal an der Scrabbinale teil und kennen sich daher schon lange. Die offizielle Begrüßung und die Einführung fallen daher kurz aus. Bei der Auslosung der ersten Gegner heißt es nur "Schweizer System" und alle wissen, wie es funktioniert.

Pscht...

So prüfen Scrabbler vor einem Spiel, ob alle Buchstaben vorhanden sind.

Die erste Runde beginnt und meine Nervosität nimmt zu. Ich wurde ganz am Ende des Saales neben Michael Aumüller platziert, dem Wart über Punkte und Tabelle. Was, wenn ich jetzt doch mein Handy nicht ausgeschaltet habe, der Blitz an meiner Kamera losgeht oder ich husten muss?

Jürgen Miguletz vom Veranstalterteam gibt noch einmal die letzten Anweisungen durch und mahnt zur Ruhe. Dann geht es los. Jetzt hat jeder Spieler insgesamt 30 Minuten für seine Züge. Damit es fair zugeht, wird die Zeit mit einem Timer gestoppt.

Doch was dann passiert nimmt mir meine erste Befürchtung. Mit einem Mal rascheln 24 Buchstabensäckchen gleichzeitig, werden nach und nach 336 Buchstaben gezogen und auf den 48 Bänkchen platziert. Die Geräuschkulisse ist größer, als ich sie erwartet hätte. Auch danach ist es nicht mucksmäuschenstill, nein, es bleibt eine Unruhe in der Luft.

Es werden immer wieder Buchstaben gezogen, Punktestände ausgetauscht oder Wörter an zwei Terminals mit einem "elektronischen Schiedsrichter" auf Gültigkeit überprüft. Wenn es dann zwischendurch doch zu laut wird, geht ein PSCHT durch den Raum. PSCHT, wie auch die kurzen Varianten PST und ST, sind übrigens gültige Scrabble-Wörter und bei weitem nicht die einzigen, die ich an diesem Wochenende lernen werde.

Die ersten Spiele sind bereits nach einer knappen halben Stunde zu Ende und die Unruhe verzieht sich vor den Saal.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Spieler auf der Scrabbinale

Schon in der ersten Runde gibt es einen Rekord. Ulrike Brodkorb gewinnt mit 713 zu 309 Punkten gegen Maike Ruprecht. Das ist die höchste Punktzahl in der Geschichte des Scrabble Deutschland e.V. Zuvor hielt Ben Berger den Rekord mit 669 Punkten, der Anstieg ist also enorm und reißt selbst mich mit. Das Spiel war eines der schnellsten und langsam strömen auch die anderen Spieler aus dem Saal, beglückwünschen die Siegerin und trösten die Verliererin. Die muss sich aber gar nicht verstecken, denke ich mir, denn 309 Punkte würde ich gerne mal bei einem Turnier erreichen.

An den Gesprächen zwischen den Spielen wird klar: Scrabble ist ein Sport wie jeder andere auch. Auf der einen Seite kennt man sich, tauscht Wörter und Strategien aus, lässt Spiele gemeinsam Revue passieren, leidet miteinander und doch wird es am Ende einen Sieger geben. Bis dahin ist jede Niederlage eine zuviel.

Bei vielen Spielern beobachte ich während der Spiele, dass sie sich mehr mit ihren Notizen beschäftigen als mit ihren Buchstaben. Neben dem Punktestand notieren sie sich die gelegten Wörter, streichen Buchstaben ab oder vermerken sich Wörter, die sie später noch einmal überprüfen wollen.

Spielst du mit?

Nervennahrung für Scrabbler

Und da war sie, meine zweite Sorge, in Form der wiederkehrenden Frage, ob ich nicht mitspiele. Auf meine verneinende Antwort schloss sich oft die Frage an, ob es nicht langweilig sei nur zuzuschauen und ich nicht Lust bekäme selbst mitzuspielen. In der Tat, die bekam ich. Doch im Laufe des Wochenendes bekomme ich mehr und mehr das Gefühl, dass mein Wortschatz so alles andere als umfangreich ist. So kennen viele Spieler die 2- bis 4-buchstabigen Wörter auswendig und wissen sogar, welches Wort sich wie verlängern lässt. Ich erfahre, dass diese Fähigkeiten oft am Rande der Turniere in kleinen Spielen getestet werden.

Dann ist da noch meine Gutgläubigkeit gegenüber manchen Wörtern. Wird ein Wort angezweifelt, stehen beide Spieler auf, verdecken ihre Buchstaben vor den Blicken des anderen mit einem Papierzeltchen und gehen an eines von zwei Pulten mit dem "elektronischen Schiedsrichter". Dieser beantwortet ihnen bei 2 bis 9-buchstabigen Wörtern die Frage, ob dieses bei einem Scrabble-Turnier gültig ist. Wenn das Wort ungültig ist, muss es zurückgenommen werden und der nächste Spieler ist an der Reihe. Sollte es gültig sein, dann erhält der Anzweifelnde 10 Minuspunkte. Einige Spieler sollen das angeblich mit eher unbekannten Wörtern bewusst provozieren. Ich sehe mich in ferner Zukunft schon in diese Falle tappen, als das Thema ungewöhnlicher Verlängerungen von Wörtern aufkommt und WIMPER zu WIMPERG wird oder KROCH zu KROCHA. Allenfalls ANLUVEN hätte ich wohl durchgehen lassen.

Scrabbler beim Spielen

Noch vor dem Turnier habe ich mir grob erklären lassen, wie die Spiele ausgelost werden. Das wird nur bedingt dem Zufall überlassen. Ein für diesen Zweck noch im letzten Jahrtausend entwickeltes Programm teilt die Spieler anhand ihres Ranges in der sogenannten ELO-Liste in zwei Gruppen und lost die Partien untereinander aus. Später spielen nach Möglichkeit immer die Spieler gegeneinander, deren Verhältnis aus Siegen und Niederlagen identisch ist. Es wird dabei jedoch verhindert, dass zwei Spieler mehrfach aufeinandertreffen. Die Scrabbinale gewinnt, wer die meisten Siege errungen hat. Im Falle eines Gleichstandes entscheidet die höhere Differenz aus eigenen Punkten und Punkten der jeweiligen Gegner.

Am Ende dieser Scrabbinale haben selbst die besten Spieler noch 3 Niederlagen aus 13 Spielen einstecken müssen. Die Auslosung gleichstarker Gegner scheint also ganz gut zu funktionieren.

Lernen, lernen, lernen

Scrabble-Beutel-Design

So langsam wächst in mir die Lust, im nächsten Jahr selbst an der Scrabbinale teilzunehmen. Damit habe ich mir aber einiges vorgenommen. Zum Glück werden in den Pausen Strategien und Wörter ausgetauscht. Am Ende bleibt der Eindruck, dass Scrabble taktisch Schach oder Skat ebenbürtig ist und noch eine Menge Training vor mir liegt. So denken auch die Scrabbler einige Runden voraus, legen sich Buchstaben zurecht, um im nächsten Zug anzulegen, oder sie "mauern".

Es geht hier also nicht nur darum, das X und Q möglichst schnell loszuwerden, obwohl auch das nicht ganz falsch ist wenn es zum "Rackmanagement" gehört. Dahinter verbirgt sich die Ansicht, dass wichtiger ist, was auf dem Bänkchen liegt, als das, was auf dem Spielfeld untergebracht wird. Das Ziel ist es dann, schon auf dem Bänkchen einen Bingo vorzubereiten, also alle Buchstaben auf einmal auszulegen und damit 50 zusätzliche Punkte zu erhalten.

Offensichtlich bin ich nicht der einzige Neuling auf der Scrabbinale. Mir gefällt dabei zu beobachten, wie herzlich die "Neuen" an die Hand genommen werden. Man ist eine offene Gemeinschaft. Ich erhalte sogar ein Angebot zum Online-Training das ich voller Euphorie annehme. In den nächsten Wochen wird sich also zeigen, ob ich etwas gelernt habe.

Und der Sieger heißt... Ben Berger

Ben Berger - Sieger der Scrabbinale 2013

Am Ende gibt es natürlich noch einen strahlenden Sieger. Verdient und von vielen erwartet hat sich Ben Berger allein aufgrund seiner überragenden Punktedifferenz durchgesetzt. Im letzten Zug seines letzten Spiels lag er deutlich abgeschlagen hinten und konnte aus den eher wenig wertvollen Buchstaben E, I, S, U, D, E, S mit DISEUSE den einzig möglichen Bingo finden und punktebringend auf dem Brett platzieren. Dieser entscheidende Zug ist bis zur Siegerehrung das Thema. Mehrmals erzählt Ben die Geschichte, wo er dieses ungewöhnliche Wort zum ersten Mal gehört hat. Auch wenn es ein Turnier war und sich der ein oder andere mehr erwartet hat, so freuen sich am Ende alle mit Ben. Ich freue mich auch über viele interessante Gespräche und bin hoch motiviert, wieder mehr Scrabble zu spielen.

PS: Noch bevor ich diesen Artikel veröffentlicht habe, konnte ich das erste Spiel Online-Scrabble gewinnen. Auch wenn es keine Turnierbedingungen sind, so habe ich jetzt eigentlich keine Ausrede mehr, im nächsten Jahr nicht selbst bei der Scrabbinale teilzunehmen.

Bildquellen

  • Ein neues Spiel beginnt: Bildrechte bei der 1337 UGC GmbH
  • Scrabbinale-Spieler: Bildrechte bei der 1337 UGC GmbH
  • Russisch Brot: Bildrechte bei der 1337 UGC GmbH
  • Scrabbler beim Spielen: Bildrechte bei der 1337 UGC GmbH
  • Scrabbinale-Beutel: Bildrechte bei der 1337 UGC GmbH
  • Ben Berger: Bildrechte bei der 1337 UGC GmbH
  • Scrabbinale 2013: Bildrechte bei der 1337 UGC GmbH