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Kreuzwortkolumne #58 - Amtsdeutsch

Kreuzwortkolumne #58 - Amtsdeutsch

erstellt am von  in  Kreuzworträtsel-Kolumne 

Was macht die Familie zur Bedarfsgemeinschaft und den Antrag- zum Bittsteller? Was verklärt die Kündigung zur Nichtverlängerung? Natürlich, das Amtsdeutsch, auch bekannt als Beamten- oder Behördendeutsch, regional vereinzelt auch Serbü-Rokratisch. Als Jargon gehört es zu den Amtssprachen, welche ihrerseits mit den amtlichen Verwaltungssprachen verwandt sind.

In unserer Kreuzworträtsel-Hilfe gibt es tausende Begriffe aus diversen behördlichen und normalsterblichen Bereichen.

1.) Amtsdeutsch - Spracherscheinung mit Heimsuchungscharakter

1.a) Verwaltungsakte, Anträge, Rechtsnormen und andere behördliche Schriften werden in der jeweils gültigen Amtssprache verfasst. Sei es der Steuersatz für den Reinerlös aus dem Verkauf getrockneter Schweineohren oder die Festsetzung des Hauptwohnsitzes Verschollener.

Hier ist absolute Präzision gefragt. Viele Amtssprachen enthalten daher Textelemente, die in jedem Aufsatz zu verheerendem Punktabzug führen würden. Dies betrifft zum Beispiel die Verben:

1.b) Wo der Normalbürger unbekümmert onaniert, muss der Beamte eine Masturbation vornehmen. Hierfür gebraucht er künstlich verlängerte Tätigkeitsworte, auch Streckverben genannt.

1.c) Das Amtsdeutsch ist eine harte, aber gerechte und, vor Allem, genaue Sprache, die keinerlei Abweichung duldet. Hierfür gibt es sogar eine eigene Maßeinheit:

Bild 1: Das Bild zeigt eine Jota, auch als Sprachmilbe oder Korinthlaut bekannt. Zur Bedeutung:
1. altgriechisches Diversmaß,
2. linguistisches Scherflein, welches den zulässigen Höchstfaktor inhaltlicher Abweichung regelt. Dieser Wert strebt (in der Regel) von unten gegen Null.
3. eine italienische Eintopfsuppe

2.) Amtsdeutsch, gib meiner Kreatur Leben!

Zwar gilt das Amtsdeutsch als unlebendige Behördensprache, obwohl es weder tot ist noch komisch riecht. Dennoch wohnt ihm ein vitalisierender Funke inne, wie das folgende Beispiel zeigt:

a) Normales Deutsch, unbelebt:

Der Fahrschein ist ungültig.

b) Amtsdeutsch, belebt:

Der Fahrschein besitzt keine Gültigkeit.

Das BGB definiert Besitz als die von einem natürlichen Besitzwillen getragene tatsächliche Sachherrschaft einer Person. Ob und wann Besitz zu Eigentum wird (oder nicht), hängt vom jeweiligen Gegenstand ab:

Bild 2: Fallbeispiel der Deutschen Verwaltungspraxis, Quelle: RP-online et al.

3.) Drei Dinge Amtsdeutsch

3.1.) Eine männliche Person ist gesellschaftlich und kulturell dazu verpflichtet innerhalb ihrer Vitalzeit

a. eine Immobilie zur Nutzung als Wohnobjekt zu errichten,

b. die erfolgreiche Befruchtung mindestens einer Eizelle des gebärfähigen Mitglieds seiner Bedarfsgemeinschaft mit einer Samenzelle zur genetischen Kombination XY vorzunehmen, sowie

c. ein raumübergreifendes Großgrün zu kultivieren.

Kleines Amtsdeutsches Glossar

Einfriedung

Stell dir vor, es ist Zaunkrieg und keiner guckt drüber.

Lautraum

Ähnlich wie der Wachtraum im Klinikum, steppt hier allerdings der Disco-Bär!

Dreiseitenkipper

Schonmal von einer Schubkarre im Rückwärtsgang überrollt worden?

Straßenbegleitgrün

Wenn Einen das Ampelpersönchen über die Straße brächte - schön wär's ja, gemeint ist aber die Spontanvegetation am Straßenrand.

Beelterung

Vermittlung einer Pflegefamilie für ein Kind. Kein Witz.

4.) Amt essen Seele auf

Bild 3: Viele Bürger haben zum Teil enorme Schwierigkeiten sich durch Verwaltungstexte auf Amtsdeutsch durchzubeißen. Oft mangelt es den Verfassern institutionell bedingt an Empathie und sozialer Kompetenz, weshalb besonders die Mitarbeiter der Arbeitsagenturen künftig speziell geschult werden sollen. Angedacht ist ein 6-12monatiges ALGII-Praktikum, inklusive Antragstellung, Widerspruchsverfahren und Bewerbungstraining.

5.) Amtsdeutsch ist Überall

Mandarin ist das offizielle Amtsdeutsch in der Volksrepublik China, Taiwan und Singapur. Näheres regelt ein Bambusgewächs.

5.1) Weniger ist Mehr

In der österreichischen Amtssprache wird der Begriff Defizit als "Abgang" bezeichnet, was zufälligerweise auch der medizinische Terminus für den Samenerguss ist (siehe Punkt 1b). Dessenungeachtet hat Österreich viele äußerst nachgeschmackhafte Weinsorten zu bieten, zum Beispiel Zweigelt oder Welschriesling.

5.2) Bürogebärden

Ob und inwieweit eine Gebärdensprache den Charakter einer Amtssprache innehaben kann, wie es etwa bei der neuseeländischen Gebärdensprache der Fall ist, wird in Einzelfällen durch den Bußgeldkatalog geregelt (Siehe hierzu: § 185 StGB, Abschnitt über Beleidigung durch Gesten.

Was machen Sie beruflich?

Ich bin Transparentaussenfassadenmanager.

Also Fensterputzer?

Ja.

(aus: KYTV, S03E02 "Those Sexciting '60s")

6.) Amtsdeutsche Unworte

6.1) Freiwillige Ausreise

Betrifft Diejenigen von behördlich angeordneter Ausreisepflicht Betroffenen Menschen, die sich nichts dringender wünschen als den negativen Asylbescheid zu Hause den Verwandten zu präsentieren.

6.2) Begleitschaden

Nicht zu vewechseln mit dem Straßenbegleitgrün (siehe weiter oben). Auch "Kollateralschaden" oder "Randschaden". Dieser Begriff meint eigentlich alles was bei einem Notfalleinsatz zum Beispiel der Feuerwehr zu Bruch geht, unter die Räder kommt oder absäuft. Die Verwendung des Begriffes im Zusammenhang mit bei bewaffneten Auslandseinsätzen (altdeutsch: Kriege) zu Schaden oder zu Tode gekommenen Menschen kommt einer Bagatellisierung gleich.

6.3) Diätenanpassung

Schon allein das Wort "Diät" erhält im Beamtendeutsch eine völlig gegenteilige Bedeutung. Bei jeder normalen Diät gibt es eigentlich weniger auf den Teller. Die Bezüge unserer lieben Abgeordneten betreffend bedeutet Diätenanpassung allerdings nicht nur mehr obendrauf, sondern auch noch mehr Teller für drunter. Pro Kopf.

6.4) Langlebigkeitsrisiko

Das Langlebigkeitsrisiko ist für die Rentenversicherung die Nemesis zum sozialverträglichen Frühableben.

7.) Amtsdeutsches Fazit

7.1. Singuläre Dinge sind einmalig. Ausgenommen hiervon sind Wiederholungen, denn diese sind ihrem Wesen nach repetititiv.

7.2. Die Reihenfolge Ihrer Kinder ist stets altersmäßig gestaffelt.

7.3. Der Exitus stellt auch und gerade im öffentlichen Dienst immer noch die massivste Form der Dienstunfähigkeit dar (siehe Abschnitt Vitalfunktionen, Einstellungsvoraussetzung).

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Über den Autor

Der Autor ist tot...und ich bin der lebende Beweis dafür. Mein Motto: "Der Dativ ist des Objektes Stativ."

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