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Lust in Translation - Schnodderpoesie und Sprachgenie in "Die Zwei"

Lust in Translation - Schnodderpoesie und Sprachgenie in "Die Zwei"

erstellt am von  in  Wortkolumne 

"Die Zwei" - ein Kultklassiker inhaltlicher Totalüberarbeitung

„In einem Land, wo fast alles immer grau ist, Häuser, Straßen, die Menschen und ihre daraus resultierende überwiegend miese Laune, wollte ich die Menschen lachen machen.“

Dieser Satz stammt von dem Mann, dem es zu verdanken ist, dass die Serie "Die Zwei" in Deutschland ein großer Erfolg wurde.

"Synchronpapst" Rainer Brandt, Jahrgang 1936, ist Schauspieler, Dialogbuchautor, Synchronsprecher und -regisseur. Die von ihm in den 70er Jahren gegründete Synchronfirma BrandtFilm nahm sich damals der Deutschen Tonfassung einer Serie namens "The Persuaders" an, die eigentlich allein durch ihre Besetzung mit Roger Moore und Tony Curtis ein Erfolg hätte werden können. Beide Schauspieler, die gegensätzlicher kaum hätten sein können, traten mit britischem Understatement (Moore) und amerikanischem Rüpelcharme (Curtis), sowie mit reichlich Kleingeld ausgestattet mehr oder minder freiwillig gegen das Verbrechen an. Das Gemisch aus Buddy-Konstellation, Detektivgeschichten, toller Kulisse und schönen Frauen... floppte. "Die Zwei" erwies sich nämlich inhaltlich als äußerst fade.

 

In einem "brüllianten" Kniff entschloss sich Brandt also dazu, die Serie inhaltlich aufzupeppen - indem er sie total überarbeitete. Inspiriert u. a. durch den in der Mimik sichtbaren Dauerschalk im Nacken der Körperlichkeit von Tony Curtis fügte Brandt, der selbst die Synchronstimme für Curtis beisteuerte, Redewendungen, flapsige Sprüche, Sprachnuancen und -neuschöpfungen hinzu, mixte diese mit Jargons unterschiedlichster Herkunft und legte nicht selten mit völlig überflüssigen, absurden und nicht zuletzt dadurch urkomischen Begründungen nach: "Hände hoch, ich bin Achselfetischist!"

Klartext zur Qualität der urspünglichen Serie spricht Brandt in diesem Interview.

 

Schnodderpoesie als essentielle Zutat der freien Synchronisation

Der länderübergreifende Erfolg eines Films oder einer Fernsehserie steht und fällt mit der Qualität der Übersetzung. Deutschland gehört nach wie vor zu den wenigen Ländern, die einer Synchronisation den Vorzug geben, anstatt auf Untertitelung zu setzen. Aufgrund der enormen Fülle an medialen Veröffentlichungen kann heutzutage leider nicht mehr von einer durchweg hohen Qualität der Synchronisation gesprochen werden.

 

„Heute fehlt die Muße und das Geld, denn die Qualität ist den Auftraggebern egal“, sagt der 76-Jährige. „Darum sind die Leute heute auch mehr daran interessiert, das Original zu hören als die schlechte Synchronisation.“

 

Ganz anders in den 70er und 80er Jahren, als man noch mit linguistischer Anarchie und einer gehörigen Portion Mut zur Veränderung an die Dialogregie heranging. So mancher, der in dieser Zeit heranwuchs, erinnert sich gerne an die Italienischen und französischen Filmkomödien mit Bud Spencer & Terence Hill, Adriano Celentano, Louis de Funès und Pierre Richard, die Ihre Popularität im deutschsprachigen Raum zu einem sehr großen Teil ihrer Übersetzung verdanken.

Was diese Filme, abgesehen von ihrer Synchronisation durch u.a. BrandtFilm, miteinander gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass oftmals sogar an Stellen ohne jeglichen Dialog für die deutsche Fassung etwas hinzugedichtet wurde.

 

 

Schon Konfuzius wusste: Nebenluft zieht durch offene Socken! Ein schönes Beispiel für die Arbeit von BrandtFilm findet sich auch in diesem Terence Hill & Bud Spencer Klassiker.

Wie kommt der Schnodder ins Deutsch?

Jedenfalls läuft er nicht aus dem Riechkolben. Vielmehr setzt sich der "Schnodder" aus der freien Zusammenstellung verschiedener Jargons und Dialekte zusammen. Abgeschmeckt wird mit einem Schuss Anarchie, einer gehörigen Prise Rotzfrechheit und Mut zur Veränderung. Dazu reicht man trockenen Sprechton und eine Wortfrequenz so hoch, dass einem beim Zuhören die Tränen unter den Scheitel steigen. Eine kleine Sammlung von dem Dicken und dem Schönen findet ihr hier.

Neologismus qua Assonanzeinschub

Dazu hat der Mückenfänger doch gar nicht den Mümm.

Gutes Gelingelingelinge

Andiamo - an den Dynamo!

Dem hat man mit dem Hockeyschläger die Fontanelle gespalten, die verbleibenden paar Sardellen peitschte er sich mit Brillantine um den Ballon.

Auch wenn hier nicht ganz zweifelsfrei festgestellt werden kann, für welche Zeiteinheit die Sardelle hier herzuhalten hat - die Dichte an Assonanzen und Nasalen macht es lohnend, diesen Satz einige Male laut auszusprechen.

 

Trotzealledeme

Wenn auch absolut Scrabble-unzulässig, so doch eine sagagenhaft schöne Adverbialverschnodderung.

 

Flirten höchster Schule

Gestatten Sie, darf ich platzen?

Dieser kecke Anmachspruch der Marke "Diedeldum, dideldei, ist da noch ein Platzerl frei?" wurde Curtis neben vielen anderen Schnoddereien und Kalauern in den Mund gelegt - und die Kalauerfrequenz war zuweilen sehr sehr hoch.

Curtis selbst liebte die Rezeptur der Brandt'schen Synchro.

"Wenn du kochen könntest, würd ich dich heiraten."

 

Prollitisch korrekt - Was "Die Zwei" noch durften.

Sie haben einen schwarzen Humor. - Mein Opa war Neger.

Wo nahm man die brüllianten Reinfälle her?

Das Team Brandt musste damals wohl vor lauter Kreativität nicht mehr gewusst haben, wohin mit sich.

Hier haben wir zum Bleistift eine kleine Liste mit Insultaninen:

  • Milchreisbubi
  • Der tanzt so locker wie ein Stück Brennholz.
  • Jauchetreter
  • Dünnbrettbohrer
  • Euer Merkwürden (tauchte später auch bei Spencer & Hill wieder auf)
  • Mumanist
  • Polizanten
  • Spaghetti-Jongleure

 

Die Lord Sinclair Schmähungen

 

  • Euer Durchbruch
  • Euer Würgschaft
  • Euer Lordschuft
  • Euer Lordschiff
  • Euer Lochschaft
  • Euer Wirtschaft
  • Du Fürstenfrucht
  • Lord Segeldurchlocher
  • Lord Siegelverkleber
  • Lord Sinclo ? - clair !
  • Sinclair,... wie Eclair, der beißbare Liebesknochen.

Idiomen est Omen - Redewendungen im Brandtgewand

  • Wir stechen in die Straße
  • Wie gewonnen so zertreten
  • Sticht Dich die Gerste?

Synonymen est Hymen

  • Würden Sie Ihren Kachelofen (gemeint ist ein Sportwagen) freundlichst beiseite stellen? Man möchte passieren
  • Denkmurmel
  • Arschhebemaschine
  • Riechkolben
  • Zimmerflak

So höflich wie ein jiddischer Fluch:

  • Sie können sich ewig bei mir beliebt machen, wenn Sie sich jetzt subtrahieren!
  • Auf Wiedersehen, aber es eilt nicht.
  • Weil du aussiehst wie ein Fußkranker mit Rabattmarken in der Tasche.
  • Sonst werd ich Dich mit Fleckenwasser wegreiben.
  • Danke, sehr aufdringlich!

Weltkalauerbe, zum Bleistift

Das ist ne Schnitte. Zeitungsausschnitte.

Wortspielerische Kalauer mit solchem Grad an Schmerzfreiheit haben sicher Pate gestanden, als man 1991 versuchte, den Film "Hudson Hawk" wenigstens für den deutschen Markt zu retten:

Warum seh ich nicht mal 'nen netten Mario... 'ne Marionette?

Auch und gerade die Filme der englischen Komikertruppe Monty Python, im besonderen „Die Ritter der Kokosnuss“ profitierten enorm von einer Übersetzung, die nicht weniger anarchistisch war, als die Auslegung der Gralsgeschichte durch die Pythons selbst.

Wenn auch die Synchronistion nicht auf das Konto Rainer Brandts geht, so ist doch bereits spürbar, dass dessen Geist hier sehr stark wirkte.

Bereits in der Anfangssequenz fliegen einem bei der Schwalben-Expertise die freien Einschübe nur so um die Ohren:

 

...natürlich, sie haben ja auch keinen Daumen zum Klingeln, deswegen dürfen sie auch nicht Fahrradfahren...

 

Die Übersetzungen französischer, englischer und amerikanischer Kulturgüter ins Deutsche waren zu ihren Glanzzeiten von kongenialen Symbiosen geprägt.

Asterix & Obelix hatten Gudrun Penndorf. Carl Barks "Donald Duck" hatte Erika Fuchs, die sich u.a. die Freiheit nahm, ein simples „No“ als „mitnichten“ zu übersetzen.

Das MAD-Magazine hatte "Chefredakteur" Herbert Feuerstein, "Laurel & Hardy" hatten Hanns-Dieter Hüsch...

Die Liste allein der Filme und Serien, welche durch BrandtFilm kongenial veredelt wurden und meiner Generation das Aufwachsen vor dem Fernseher versüßt haben, ist nicht unendlich, aber fein.

Wer "Die Zwei" noch nicht kennt oder noch einmal sehen möchte, hat noch bis zum 3. Juli auf zdf.neo die - sicher nicht letzte - Gelegenheit dazu.

Artikel zu spät gelesen? "Die Zwei" verpasst? Mit den Nerven par terre?

Hier gibt es ein sehr umfangreiches Sprüche-Archiv. Und natürlich kann man die Serie auch auf einer optischen Schallplatte mit Bild erwerben.

Wer will, kann natürlich auch seine Lieblingssprüche hier prosten, äh posten. Wir lachen gerne mit.

Bildquellen

  • synchron verspielt "Die Zwei" und "The Parsuaders!": zusammengestellt aus dem Titelbild von "The Persuaders!" (<a href="en.wikipedia.org/wiki/File:The_Persuaders!_titlecard.jpg">en.wikipedia.org/wiki/File:The_Persuaders!_titlecard.jpg</a>) unter der Fair use-Lizenz und dem Schriftzug der deutschen Serie "Die Zwei!" (<a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Die_zwei_tv_1971.svg">http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Die_zwei_tv_1971.svg</a>)